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02.06.2025

TACHELES 2025

All Open – All In? Source, Data, Coopetition for Autonomous Driving

Forschungsschwerpunkt: Intelligent Transportation Systems and Logistics

Open Source und Open Data war unser diesjähriges Thema – Offenheit in der Technologie, in den Daten, im Umgang miteinander. Genau diese Offenheit war in den Diskussionen zu spüren: ehrlich, streitbar, inspirierend: charakteristische Qualitäten der Veranstaltungsreihe, die unter der Schirmherrschaft des Ministeriums für Verkehr Baden-Württemberg und in Partnerschaft mit KAMO: Karlsruhe Mobility High Performance Center stattfand. 

Die vom FZI ausgerichtete Fachkonferenz widmete sich 2025 einem grundsätzlichen Aspekt der Entwicklung des autonomen Fahrens: Wir fragten kritisch und provokant, ob Komponenten, Tools und Daten für „alle“ verfügbar und zugänglich gemacht werden sollen, um durch Transparenz und Kooperation die Entwicklung des autonomen und vernetzten Fahrens zu beschleunigen.

Unter der Schirmherrschaft des Ministeriums für Verkehr Baden-Württemberg und in Partnerschaft mit der KAMO: Karlsruhe Mobility High Performance Center sprachen wir also über Open Source und Open Data im autonomen und vernetzten Fahren – über Chancen, Risiken und konkrete Lösungsansätze:

  • Was bedeutet der Open Source/Open Data-Ansatz für die Wettbewerbssituation in der Automobilindustrie?
  • Welche wettbewerbsdifferenzierenden Merkmale werden relevant, wenn alle das gleiche Ausgangsmaterial nutzen?
  • Welche Chancen ergeben sich für die KI-Entwicklung?
  • Wie sehen Geschäftsmodelle aus?
  • Begeben sich die Akteure nicht in neue Abhängigkeiten und was bedeutet „open“ nicht zuletzt rechtlich?

Mit exzellenten Industrie- und Wissenschaftsvertreter*innen wurde der offene Ansatz auf der Konferenz ausgelotet. Expert:innen und rund 100 Konferenzteilnehmende tauschten sich über das Für und Wider aus, diskutieren die vorhandenen Wissens- und Technologielücken, rieben sich an den unterschiedlichen Interessen der Industrie und der Wissenschaft und entwickelten dennoch gemeinsam neue Ideen.

Kooperation als Schlüssel für das Software Defined Vehicle

Zwei unterschiedliche Welten, die einander eigentlich sehr kritisch beäugen, bekannten auf der Fachkonferenz ihren Willen zu mehr Kooperation: Fahrzeughersteller und ihre hochspezialisierten Zulieferer, die sich bisher stark auf proprietäre Softwarelösungen konzentrieren sowie die Open Source Community, die auf die Schwarmintelligenz setzt. Hochschulen und Forschungseinrichtungen wiederum sitzen zwischen diesen Stühlen mit ihrem Anspruch, nach allen Seiten anschlussfähig zu sein.

Wie und in welchem Umfang diese Akteure im Bereich Softwareentwicklungen für autonomes Fahren kooperieren können, darüber muss auch nach der diesjährigen TACHELES-Konferenz noch viel diskutiert werden. Die Berührungsängste und Vorbehalte auf der Industrieseite sind nach wie vor groß, die Vorstellungen der Open Source Community scheinen unvereinbar mit den Entwicklungsrealitäten in den Konzernen. Dennoch wissen beide Seiten, dass ein gemeinsamer Weg wünschenswert und sinnvoll wäre, weil die Ressourcen endlich, Technologieentwicklung und Innovationsbedarfe dagegen riesig sind, um beim autonomen Fahren wesentliche Fortschritte erzielen zu können. Eine ideale Ausgangsbasis für TACHELES, dem Konferenzformat, auf dem auch die schwierigen Themen rund um autonomes und vernetztes Fahren seit nunmehr drei Jahren offen angesprochen und kontrovers diskutiert werden.

Open Source trifft auf das große Vermächtnis der Automobilindustrie

Wie viele Standardisierung braucht es, um tragfähige Geschäftsmodelle entwickeln zu können, die auf Open Source Softwarelösungen basieren und dennoch die hohen, vor allem sicherheitsrelevanten Anforderungen der automobilen Welt abdecken könnten? Das war die Ausgangsfrage von René Großpietsch, der als Vertreter der von der Automobilindustrie gegründeten ASAM (Association for Standardization of Automation and Measuring Systems) mit seiner Keynote die Fachkonferenz eröffnete. Michale Pöhnl von APEX.AI stellte im Anschluss Eclipse Iceoryx vor, eine Open Source Lösung, die unter dem Dach der Eclipse Foundation entwickelt wurde. Dahinter steckte die Vorstellung, den Automobilherstellern und Tier 1-Zulieferern in Lizenz einen Open Source-Softwarestack zur Verfügung zu stellen, der deren Anforderungen vollumfänglich gerecht wird. In der Praxis kämpft das Geschäftsmodell noch mit dem Durchbruch, zum einen, weil die Kultur bzw. das Mindset in den Automobilunternehmen damit (noch) nicht zurechtkommt, zum anderen, weil der Bruch mit bestehenden Pfaden eine in vielerlei Hinsicht größere Investition darstellt. Der abschließende Fachvortrag von Dirk Weihrauch und Jan Wildeboer von Red Hat brachte die sehr unterschiedlichen Entwicklungswelten noch einmal auf den Punkt. Allerdings verdeutlichte der Vortrag aus Sicht einer der großen Open Source-Entwicklungsunternehmens auch, wie groß die Chancen sind, die mit Open Source verknüpft sind. Das Credo hier: Im Grunde gibt es keine Notwendigkeit für proprietäre Lösungen. Vielmehr kann nur durch Öffnung die Komplexität der Anforderungen bei AVF auch für die Zukunft und mit vernünftigem Aufwand gestemmt werden. Unabdingbar sind Kommunikation, der Wille zu Kooperation und ein Mindset, das Veränderung zulässt.

In der anschließenden Paneldiskussion, die mit der Rechtsexpertise von Prof. Paulina Pesch von der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen sowie dem Open Source-Vertreter Michael Plagge von der Eclipse Foundation komplettiert wurde, traten die Unterschiede und die komplexen Rahmenbedingungen, in denen Softwareentwicklung heute erfolgt, noch einmal facettenreich zu Tage. Gleichzeitig sprachen sich die Panelisten unisono dafür aus, nicht nur aus ökonomischen Gründen zu versuchen, gemeinsam neue Wege zu gehen.

Workshops rund um Geschäftsmodelle, Simulation, erfolgreiche Kooperation und Daten

Einen großen Anteil widmete die TACHELES-Konferenz den vier Workshops. Sie näherten sich den Aspekten, die in den Vorträgen, der Paneldiskussion und im Showcase des Forschungszentrum Informatik bereits vielschichtig aufgezeigt wurden aus vier verschiedenen Perspektiven. Die Konferenzteilnehmenden waren aufgefordert, sich aktiv in die vielen offenen Fragestellungen einzubringen – von „Open Source und Coopetition: Die Gratwanderung zwischen Zusammenarbeit und Business Case“ über „Open Source in der Simulation: Günstiger und schneller zu Level 4/5“ bis hin zu „Produktentwicklung Open Source: In welchem Maß können Industrie und Forschungseinrichtungen kooperieren“ und „Alles, was Recht ist: Folgt Technik Recht – Formt Recht Technik?“.

In kontroversen Diskussionen kamen immer wieder die Unterschiede zwischen den traditionellen Entwicklungsansätzen in der Automobilindustrie und den Open Source Verfechter:innen zum Ausdruck. Das gegenseitige Verständnis ist zwar vorhanden und allen ist auch klar, dass die Entwicklung eines Software Defined Vehicle andere Anforderungen stellt als die bisherige Fahrzeugentwicklung. Wie genau und wie schnell sich beide Welten jedoch annähern und konkreter kooperieren können, konnte abschließend nicht beantwortet werden. Nichtsdestotrotz haben alle Teilnehmenden die Konferenz als Türöffner für weitere Gespräche und gar gemeinsame Entwicklungsprojekte erlebt. Als am Freitagnachmittag die Veranstaltung mit der Zusammenfassung der zwei Konferenztage durch FZI-Gastgeber Prof. Marius Zöllner endete, sah man zwar viele erschöpfte, aber auch sehr zufriedene Gesichter.

TACHELES – die andere Konferenz zum autonomen und vernetzten Fahren hat sich nach drei Ausgaben erfolgreich etabliert und alle sind gespannt, welches Thema nächstes Jahr auf der Agenda steht. Stay tuned!

Fotos: FZI/Sandra Göttisheim
Fotos: FZI/Sandra Göttisheim

Den gesamten Rückblick auf Tacheles 2025 finden Sie auf der Tacheles-Homepage.